Bevor ich noch einmal zum Fachkräftemangel komme, nochmals zu Ihren Ausführungen bezüglich Mehrwertsteuersenkung auf Tourismusbetriebe: Wir haben einen Abänderungsantrag eingebracht und deshalb nicht zugestimmt, weil Sie Klientelpolitik betreiben. Sie wissen, dass die Mehrwertsteuer damals für Imker, für Marktfahrer, für viele Berufsgruppen und Unternehmensgruppen angehoben wurde, und wir wollten sie für alle ändern, nicht nur für die Tourismusbetriebe. Das war der Grund dafür, dass wir dagegen gestimmt haben. Sagen Sie die volle Wahrheit und nicht immer nur die Hälfte!
Jetzt aber zum Thema Fachkräftemangel: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Kino mit einem Dreijährigen, schauen „Feuerwehrmann Sam – Plötzlich Filmheld!“, und im Vorfeld gibt es einen Vorspann, nämlich Werbung von regionalen Firmen beziehungsweise von Unternehmen für Lehrstellen.
Im ersten Moment dachte ich mir, das ist eine Zielgruppenverfehlung. Mein zweiter Gedanke war: Der Fachkräftemangel muss wirklich brisant sein! – Ja, er ist brisant und, wie ich finde, eine der größten Herausforderungen, die Österreichs Wirtschaft zu tragen hat, und ich bin wirklich wütend, weil diese Bundesregierung – und die ÖVP stellt seit 1987 durchgehend den Wirtschaftsminister – außer Kosmetik nichts, aber auch gar nichts tut! Es gibt keine wirklichen Maßnahmen!
Die Situation für kleine Unternehmen wird auch deshalb immer bedrohlicher, weil die großen Unternehmen die wenigen Fachkräfte, die es gibt, und die Lehrlinge regelrecht absaugen. So wurde eben seit 2012 die Lehrausbildung für Asylwerbende in Mangelberufen erlaubt. Es gibt jetzt in ganz Österreich – Stand August 2018 – genau 1 023 asylwerbende Lehrlinge. Davon sind alleine in meinem Heimatbundesland 359 – und mehr als die Hälfte in der Gastronomie. Da könnten Sie zeigen, Kollege Obernosterer, was Sie wirklich für die Tourismusbranche tun wollen.
Zudem rechnet sich das auch noch für die Republik, weil nämlich die Asylwerbenden, wenn sie eine Lehre absolvieren, aus der Grundversorgung herausfallen und auch ins System einzahlen. Auch das wissen sehr viele nicht, darum möchte ich es sagen. Hinter all diesen Lehrlingen stehen Unternehmen, und diese suchen nicht erst seit einem Jahr einen Lehrling, sondern wirklich händeringend seit vielen, vielen Jahren.
Es ist wirklich nicht mehr einzusehen, dass Sie einen Riegel vorschieben, wenn es darum geht, dass diese Asylwerber, die gerade eine Lehre absolvieren, dableiben dürfen. Ich denke da zum Beispiel, und Sie haben es vielleicht gelesen, an Herrn Absmann von der Gasthausbrauerei „Die Weisse“ in Salzburg, einer echten Institution. Ich habe mit ihm gesprochen. Er hat mir gesagt, er hat mittlerweile einen Dauerauftrag beim AMS. Er hat jetzt Lehrlinge gefunden, vorwiegend aus Afghanistan, also Asylwerber in Lehre. Er hat gesagt, er kann deshalb keine asylberechtigten oder österreichischen Lehrlinge beschäftigen, weil er ganz einfach niemanden findet; die Asylwerber haben sich hingegen gut eingefunden und gut integriert.
Das Nächste ist, dass die Wirte zunehmend auf Fertigprodukte in der Küche umsteigen müssen, und die Folge ist eben das klassische Wirtshaussterben. Übrig bleiben Haubenrestaurants für die Oberschicht und Fast-Food-Ketten für das Fußvolk, und das kann es ja wirklich nicht sein!
Ein weiteres Beispiel aus meiner Heimatgemeinde: eine Berufsschule in Attnang-Puchheim, wo sich die Direktion, die Lehrerschaft und viele Mitschülerinnen und Mitschüler dafür starkmachen und Unterschriften sammeln, dass vier Asylwerber in Lehre dableiben können – und diese Liste lässt sich noch sehr, sehr lange weiterführen.
Was passiert mit jenen Menschen, die aufgrund von Gutachtens des Sachverständigen Mahringer einen negativen Bescheid bekommen haben, weil diese eher halbherzigen Reiseberichten als wissenschaftlichen Studien geglichen haben? Wer übernimmt da die Verantwortung? Man hat es gewusst und nichts dagegen getan. Ich frage Sie, Frau Ministerin: Übernehmen Sie da die Verantwortung für die negativen Bescheide, oder der Herr Innenminister oder vielleicht auch der Herr Gudenus, der nicht da ist? Der sollte sich besser damit dem befassen als über Passwörter wie heilheil nachzudenken, egal ob das nun gefaket war oder nicht.
Frau Ministerin! Sie haben der Wirtschaft laut einem Bericht vom 27. August 2018 in den „SN“ die Möglichkeit zur Fertigabsolvierung von bereits begonnenen Lehren von Asylwerbenden in Aussicht gestellt. Sogar Ihr rechtskundiger Landesrat Haimbuchner aus den Reihen der FPÖ hat in einem Verweis gemeint, dass der Rechtsstaat das hergibt; er ist Jurist. Unser Appell an diese Bundesregierung und vor allem an Sie, Frau Ministerin: Lassen Sie Ihre fremdenfeindliche Politik nicht an unseren Unternehmen aus! Oder in den Worten von Herrn Absmann von der Weissen: Wenn schon nicht die menschliche, christlich-soziale Komponente zum Zug kommt, so ist es zumindest die wirtschaftliche, die für diese wahrlich nicht schwierige Entscheidung heranzuziehen ist.
Eines sage ich Ihnen auch noch: Ich habe parlamentarische Anfragen an Regierungsmitglieder gestellt, und ich werde mir ganz genau anschauen und analysieren, wie sie diese beantworten, damit nicht dasselbe wie bei der Anfrage zu den Lipizzanern passiert und diese womöglich falsch beantwortet werden.