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Erste Beschlüsse im Nationalrat: Regierung setzt auf Sozialabbau

Vieles wurde im Regierungsprogramm ja ohnehin bereits angekündigt. Die neue Regierung setzt mit den ersten Beschlüssen ihre harte Linie nun in der Praxis um. Umverteilung nach oben und Sozialabbau stehen auf der Agenda ganz oben. Die Klientelpolitik der ÖVP zieht sich durch alle Entscheidungen – die FPÖ spielt widerspruchslos mit.

Familienbonus und Indexierung der Familienbeihilfe

Viel diskutiert wurde der Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind und Jahr für Familien. Er bringt eine Umverteilung nach oben. Bundeskanzler Kurz sagt es deutlich: Von diesen Maßnahmen werden jene profitieren die Steuern zahlen. Das hört sich auf den ersten Blick gut und richtig an. Was der Kanzler aber verschweigt ist, dass nicht nur die Einkommenssteuer maßgeblich dafür ist, ob jemand Steuern an den Staat leistet. Indirekte Steuern auf den Konsum, wie etwa die Mehrwertsteuer oder die Sozialversicherungsbeiträge belasten geringe Einkommen überproportional. Das geht so weit, dass unter dem Strich JEDER und JEDE steuerpflichte ÖsterreicherIn im Schnitt 40% seines/ihres Einkommens an Steuern an den Staat abführt. In welcher Form, also über welche Besteuerung, da unterscheiden sich die Anteile nach Einkommensklassen erheblich. Also: Der Familienbonus entlastet mittlere bis höhere Einkommen deutlich stärker, als etwa AlleinerzieherInnen und Menschen mit geringen Einkommen. Oder anders gesagt: Die, die am dringendsten auf Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder angewiesen sind, haben nichts davon.

Ähnlich verhält es sich bei der schon länger diskutierten Indexierung der Familienbeihilfe. Aufregung gab es, weil angeblich so viele Familienleistungen an Kinder, die im Ausland leben, überwiesen wird. Die Indexierung passt diese Leistungen an die Kaufkraft in den Herkunftsländern an. Das führt dazu, dass Erwerbstägige mit Kindern aus Norwegen oder der Schweiz nun sogar mehr Geld als vorher erhalten, weil die Kaufkraft dort über der von Österreich liegt. Kinder von 24h Pflegekräften aus der Slowakei oder Rumänien erhalten deutlich weniger Familienbeihilfe. Noch deutlicher kann Umverteilung nach oben nicht dokumentiert werden.

Studiengebühren und neue Zugangsbeschränkungen eingeführt

In der Plenarsitzung vom 28.2 wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien auch eine Anpassung des Universitätsgesetzes verabschiedet. Darin wird die Wiedereinführung von Studiengebühren für berufstägige Studierende ebenso festgelegt wie die Ausweitung der Zugangsbeschränkungen auf Fächer wie Jus, Erziehungswissenschaften und Fremdsprachen.

Die SPÖ hat sich in den Ausschüssen bis zuletzt gegen diese Maßnahmen gestellt, denn der freie Hochschulzugang ist ein hohes Gut. Es ist leider zu erwarten, dass es in dieser Tonart in den kommenden Jahren weitergeht. Mit der neuen Hochschulfinanzierung wird darüber hinaus auch die Autonomie der Hochschulstandorte in Frage gestellt. Erste Evaluierungen werden bald genauere Zahlen bringen.

Erste Angriffe auf ArbeitnehmerInnenschutz und AMS

Unter dem Label Bürokratieabbau sollen Strafen bei Vergehen gegen den ArbeitnehmerInnenschutz künftig massiv zurückgefahren werden. Zusammen mit NEOS setzt die Regierung unter dem Schlagwort „Beraten statt bestrafen“ auf eine massive Aufweichung des gesetzlichen Rahmens. Der Rückgang von Arbeitsunfällen wird nicht als Resultat hervorragender Politik in diesem Bereich gesehen, sondern als Basis für ein Zurückfahren der Regelungen. Der ehemalige Sozialminister Alois Stöger wurde dafür attackiert, dass er bei den Kontrollen in den Betrieben Zielvorgaben umgesetzt hat, was aber einer Empfehlung des Rechnungshofs geschuldet ist und jahrelang urgiert wurde.

Das Arbeitsmarktservice (AMS) wird heuer nur 1,36 Milliarden Euro an Förderungen erhalten anstatt der ursprünglich geplanten 1,94 Milliarden Euro.

Der größte Einsparungsposten betrifft die „Aktion 20.000“ – diese wird zwar nicht sofort eingestellt, allerdings läuft das Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose über 50 Jahren in den kommenden eineinhalb Jahren langsam aus. Das bringt allein für das Jahr 2018 eine Einsparung von rund 430 Millionen Euro.

Der Rest der Kürzungen beläuft sich auf Qualifikationsmaßnahmen des AMS für Migranten und Langzeitarbeitslose.

Im Gegenzug wird für niedrige Einkommen das Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gekürzt. Eine Maßnahme, die von dieser Zielgruppe wohl in den kommenden Jahren doppelt und dreifach zurückzahlen wird. Denn das mittelfristige Ziel dieser Regierung lautet ja, den Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und Arbeitslosengeld/Mindestsicherung zu vergrößern. Während die SPÖ seit Jahren auf die stagnierenden Reallöhne verweist und eine Erhöhung des Mindestlohns auf 1700 Euro brutto (Vollzeit) fordert, liegt der Regierung die Abschaffung der Notstandshilfe, die Kürzung der Mindestsicherung und eben auch die Kürzung des Arbeitslosengeldes am Herzen. Mit der Budgetreduktion beim AMS und der Kürzung bei der Arbeitslosenversicherung wurden die ersten vorbereitenden Schritte dazu getroffen.

Raucherschutz kein Thema für Gesundheitsministerin

Besonders paradox verläuft die ohnehin vieldiskutierte Thematik „Aufhebung des Raucherschutzes in der Gastronomie“. Die Gesundheitsministerin (!) wird nicht müde zu beteuern, dass sie die individuelle Freiheit der Wirte über längst notwendige gesundheitspolitische Maßnahmen stellt. Jährlich sterben 1000 Menschen an den Folgen von Passivrauch. Während die meisten europäischen Länder längst reagiert haben, ist Österreich weiter säumig. Das in der letzten Legislaturperiode auch von 28 Abgeordneten der ÖVP-Fraktion mitbeschlossene „Rauchverbot in der Gastronomie“, das mit 1. Mai dieses Jahres ins Kraft treten soll, will die Regierung ja bekanntlich zurücknehmen. Ein entsprechender Entwurf wurde ohne Begutachtung auf den Weg gebracht. Es bleibt zu hoffen, dass der öffentliche Druck durch das „don`t smoke“ Volksbegehren hier noch etwas bewegen kann.

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